210 Jahre nach dem Tod des hl. Ulrich hat man dessen Grab geöffnet und verschiedenen Gegenstände daraus entnommen. Bei den in Pontifikalgewändern beigesetzten Gebeinen des Heiligen fand man auch die stark korrodierten Teile seines Kelches. Der jetzige Ulrichskelch mit figürlichen Darstellungen aus den Jahren 1180 und 1240, trägt eine Inschrift, die besagt, dass er im Grab auf der Brust des Bischofs gefunden worden sei. Daneben kann man ein zylindrisches Kelchfutteral aus Messing (nach 1220) und das an einer Kette befestigte Zahnreliquar (um 1220) sehen. Die Neugestaltung war vermutlich zu den Feierlichkeiten (Einweihung der 6. Kirche und 1. Translation des hl. Ulrich) von 1187 vollendet und wird bei der Kostbarkeit der Reliquie im Kloster selbst ausgeführt worden sein. Der Kelch wirkte wohl auch wegen seines Reliquiencharakters in Süddeutschland vorbildhaft.
Die Kelchschale birgt die Cuppa des Kelches, den der hl. Ulrich bei Lebzeiten mit benützt hat. Der Ulrichskelch diente vom 13. Jh. an zur sogenannten „Ulrichsminne”, bei der man einen Weintrunk reichte und sprach: „Trinke die Minne des hl. Ulrich!”. Der Trunk galt lange als Heiltrunk gegen Fieber- und Wundkrankheiten und nahm Bezug auf eine Inschrift am Fuß des Kelches: „Hier wird das Gegengift dargeboten, das dem schon Todgeweihten Heilung schenkt.”
Bei der Auflösung des Klosters im Jahr 1807 mußte der Kelch den königlichen Kommissären überliefert werden. Trotz seines Alters wäre er als wertlos eingeschmolzen worden, hätte ihn nicht (Fürst)Bischof Clemens Wenzeslaus als Privateigentum an sich gebracht. Dieser glühende Verehrer des hl. Ulrich vermachte ihn bei seinem Tod dem Generalvikariat. Auf Bemühen des damaligen Pfarrers von St. Ulrich und Afra, P. Benedict Abbt, wurde der Ulrichskelch am 21. März 1827 vom Generalvikariat an die Pfarrei zurückgegeben. Im Jahre 1954/55 wurde der Kelch umfangreich restauriert und ein an einem Kettchen befestigter Zahn des hl. Ulrich entfernt. Heute findet der Kelch wieder bei besonderen Gelegenheiten im Gottesdienst Verwendung.